Alte Bäume im Bergholz zerstört
(sbr) „Buchenallee im Bergholz gefährdet“ - kaum hatte Moritz vom Berge Anfang Oktober die Nachricht verbreitet, da waren die markierten Bäume gefällt. „Durch die Fällaktionen wurden weitere Bäume stark beschädigt oder zerstört!“ beobachtete ein aufmerksamer Anwohner.
Thomas Vespermann hatte zuvor die Untere Naturschutzbehörde von den Markierungen unterrichtet und die Auskunft erhalten, es handele sich „aller Voraussicht nach um Kennzeichnungen, um diejenigen Bäume aufzufinden, bei denen aus Gründen der Verkehrssicherheit eine Totholzentnahme erforderlich ist. Im Einzelfall könne dies eventuell eine Fällung bedeuten. Es sei jedoch keineswegs geplant, alle markierten Bäume zu fällen.“
Offensichtlich ein Irrtum! Eine Nachfrage von Bündnis 90 / Die Grünen klärte im Nachhinein auf, wie die falsche Entwarnung zustande kam. Das Forstamt hatte Bäume zum Fällen markiert. Gleichzeitig wurden Bäume, die zum Pflegebereich des städtischen Fachbereichs Grün, Straße und Vermessung gehören, kontrolliert und markiert. Bei letzteren zeigt die Markierung nur, dass die Kontrolle stattgefunden hat und eventuell Totholz entnommen oder gefällt werden soll. Der städtische Mitarbeiter dachte nur an die Bäume in städtischer Zuständigkeit, nicht an die des Forstamtes.

Außer Frage steht, dass das Forstamt nicht nur Bäume gefällt hat, die in der Nähe von Waldwegen Menschen gefährden könnten. Die gefällten Stämme liegen ordentlich gestapelt am Waldrand unten an der Pottrodelbahn / Moritzberger Weg und oben an der Fahrstraße zum Berghölzchen-Hotel. Die meisten Stämme zeigen gesundes Holz - eine gewerbliche Maßnahme also im Zuge der üblichen Waldbewirtschaftung: Das Holz soll verkauft werden. Alte Bäume werden gefällt, damit junge nachwachsen können, um wieder Holz zu liefern.
Fragwürdig allerdings ist beim Berghölzchen, diesem städtischen Naherholungsgebiet, ob die Einstufung als „Wald“ zu der Bedeutung passt, die es für die Anwohner hat: Eine Insel für Menschen, Tiere und Pflanzen in zum Teil lebensfeindlicher städtischer Umgebung - damit sollte man anders umgehen als in der Forstwirtschaft üblich. Zu solch einem Hölzchen bauen die Menschen besondere Beziehungen auf. Sie nehmen nicht „Wald“, sondern individuelle Bäume, Lebewesen wahr. „Ein alter Baum kann durch einen jungen Baum nicht ersetzt werden“, sagt Thomas Vespermann. „Er hat einen individuellen Charakter, eine besondere eigene Ausstrahlung. Das merken die meisten Menschen erst, wenn es immer weniger alte Bäume gibt. Alte Bäume verdienen Respekt, sie sind eine Kostbarkeit.“
Vespermann schlägt vor, im nächsten Jahr das Berghölzchen mit einem Fest zu feiern, um seine Bedeutung für die benachbarten Stadtteile hervorzuheben. 2010 jährt sich die Rettung des Berghölzchens zum 200. Mal. Nach der Auflösung des Moritzstiftes „auf dem Berge vor Hildesheim“ wollten 1810 die staatlichen Stellen den Bergrücken an einen Zimmermann verkaufen. Der wollte abholzen und Bauland daraus machen. Der Domherr von Beroldingen und der Landschafts-Fachmann Wilhelm Frische verhinderten diesen Plan. Von Beroldingen kaufte das Bergholz selbst - um es für die Moritzberger und Hildesheimer zu erhalten. Die Erhaltung des Hölzchens und besonders seiner einmaligen alten Bäume wird auch das Ziel des geplanten „Waldfestes“ sein.
Entwarnung für den Bestand des Bergholzes ist im Übrigen auch für den Winter 2009/2010 noch nicht gegeben. Zwar hat das Forstamt seinen Plan erfüllt und gefällt. Die städtischen Maßnahmen kommen aber erst noch. Sie sind in Planung und werden demnächst bekannt gegeben.
Stadtumbau-Sprechstunde
Die 200. Ausgabe