Stadtteilzeitung Hildesheim West
Nr. 210 · November 2010
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Stadtumbaumittel für Privathäuser eingesetzt

Rot und Orange lassen Moritzberg leuchten

(sbr) Rings um das Phoenix-Viertel ist seit zwei Jahren ein Stadtumbau-Gebiet festgelegt. Hier werden unter bestimmten Voraussetzungen Baumaßnahmen an privaten Wohnhäusern bezuschusst – mit bis zu fünfzig Prozent. Es geht dabei nicht um die Modernisierung von Fassaden, Dächern und Außenanlagen, sondern um ihre Herrichtung im Stil des Hauses und des Wohnviertels. Unter baulichen und unter Umweltgesichtspunkten soll die Phoenix-Nachbarschaft dadurch aufgewertet werden.

Günter und Marianne Kopper gehören zu den Ersten, die das Angebot des Stadtumbau-Förderprogramms ausprobiert haben. Marianne Kopper führt seit über 25 Jahren das Geschäft „Vitrine“ in der Dingworthstraße 36. Das Haus wurde zusammen mit den beiden Nachbarhäusern rechts und links um 1930 erbaut. Typisch sind die Vorbauten über drei Obergeschosse entlang der Mittelachse jedes Hauses. Farbige Gesimsbänder laufen waagerecht an den Fassaden entlang und nehmen ihnen durch diese Gliederung das Klotzige. Vor sieben Jahren ließen Koppers ihre Hauswand über dem Erdgeschoss dämmen und neu streichen, die Gesimsbänder verschwanden dabei.

Foto: Sabine Brand
Nachher: Gesimsbänder gliedern wieder alle Fassaden und die Fenster sind aufgeteilt – das Kleinteilige gibt diesem straßenzug seinen besonderen Charme
Foto: Sabine Brand
Foto: Christine Söhlke
Vorher: Die Modernisierung ließ Haus Nr. 36 sehr wuchtig erscheinen – Großflächiges wirkt hier unpassend
Foto: Christine Söhlke

Im Jahr 2009 machte sich Frau Kopper zunächst nur Gedanken um ihre einfach verglasten großflächigen Schaufenster. Sie ließ sich von Fabian Schäfer in seiner monatlichen Stadtumbau-Sprechstunde beraten, wandte sich dann an die Stadt: Christine Söhlke im Planungsamt ist dort Ansprechpartnerin für den Stadtumbau Moritzberg. Nach verschiedenen Fachberatungen, die von der Stadt vermittelt für die Hauseigentümer kostenfrei sind, legten Koppers sich auf einen Sanierungsvorschlag fest, schlossen darüber einen Vertrag mit der Stadt und holten Kostenvoranschläge für die geplanten Arbeiten ein. Zwei neue Ladenfenster – mit der typischen Dreiteilung im oberen Viertel und mit Isolierverglasung – wurden in Auftrag gegeben. Die Fenster zur Straße sind auch in den oberen Geschossen neu: mit zwei Flügeln, wie es die Planer verlangten, damit das „Kleinteilige“ am Haus und im Straßenbild wieder Gewicht bekommt. Die Hauswand strahlt nun in kräftigem Orange – sie springt dadurch vor. Der mächtige Vorbau in der Fassade erhielt beim Neuanstrich einen gedämpfteren Sand-Farbton – er springt dadurch optisch zurück. Das Dämmmaterial auf der Fassade blieb unangetastet, aber die verschwundenen Gesimsbänder wurden als Profile auf die Dämmung aufgesetzt.

Foto: Sabine Brand
Kräftige Farbtupfer setzt die Herrichtung der ersten Privathäuser, hier Nr. 34, auf der Ostseite der Dingworthstraße. Die Arbeiten wurden aus dem Stadtumbau-Programm gefördert.
Foto: Sabine Brand

„Die Beratung hat uns die Augen geöffnet“, sagt Marianne Kopper. „Vor sieben Jahren haben wir gar nicht gesehen, wie wichtig dieses Gesims für die Wirkung der Fassade ist.“ Koppers haben die Rechnungen ihrer Handwerker – zumeist ortsansässiger – bei der Stadt eingereicht und die Zuschüsse ausgezahlt bekommen: stattliche fünfzig Prozent der Sanierungskosten. Gern teilt Frau Kopper ihren Kunden ihre Zufriedenheit über das Projekt mit. Dadurch sind neue Beratungen über Instandsetzungen in der Dingworthstraße in Gang gekommen. Ein Hauseigentümer auf der Westseite sprang wieder ab: Die Planer hatten die Beseitigung der rückwärtigen Bebauung im Hinterhof gefordert – gerade die ist den Besitzern aber sehr lieb.

Sigrid und Ralf Himstedt haben zeitgleich mit Koppers verhandelt. Sie hatten sowieso vor, ihr Haus in der Dingworthstraße zu streichen. Es ist das älteste auf der Ostseite der Geschäftsstraße – Baujahr 1898. Im Planungsamt der Stadt wurden Vorschläge für die Herrichtung des Hauses gemacht, aber auch Bedingungen gestellt: Die Fenster in der Straßenfront und der Eingangsbereich mit Treppe vor dem Haus müssten erneuert werden – ansonsten keine Förderung. Himstedts nutzten ihre Bedenkzeit – und entschieden sich schließlich, auf das Angebot der Stadt einzugehen.

Zwei Farbdesignerinnen, von der Stadt beauftragt, stellten Himstedts (wie auch Koppers) drei Varianten für die farbliche Gestaltung der Fassaden vor. Himstedts wählten aus – und setzten eigene Vorstellungen durch. So taucht der helle Ton des Sandsteins von Treppe und Hausflur nicht nur in den Fensterumrandungen oben am Haus wieder auf, sondern auch als Fassadenwandfarbe im Erdgeschoss. Dort hatten die Planer einen dunklen Farbton vorgeschlagen. In den Stockwerken darüber hat das Haus einen kräftigen, ziegelroten Anstrich bekommen. Das passt zum roten Backstein, dem Baumaterial des Hauses. Das vorher in Grau und Beige etwas unscheinbare kleine Haus fällt nun stärker auf. – „Mit Recht“, urteilt Farbdesignerin Sabrina Federschmid, „es ist eins der Prachtstücke der Straße geworden.“

Von den neuen Fenstern im ersten und zweiten Stock ist Sigrid Himstedt begeistert: Sie haben ein Oberlicht und zwei Flügel, die sich nach außen öffnen und auch kippen lassen – die traditionelle T-Form der Fensterunterteilung. Die Fenster isolieren besser als ihre Vorgänger gegen Temperaturschwankungen und den Lärm der Dingworthstraße. Auch die Innenräume haben durch die neuen Fenster stark gewonnen. Frau Himstedt hat in der Stadt neue Scheibengardinen und kleine Befestigungsstangen für die Fensterflügel ausgesucht – der Charme der vorletzten Jahrhundertwende wird betont durch die zarten Farbtöne.

Zwei junge Frauen von der Hildesheimer HAWK (Fachhochschule) tragen wesentlich dazu bei, dass die Dingworthstraße frische Farbimpulse bekommt: Carola Volle und Sabrina Federschmid arbeiten im Auftrag der Stadt, wenn sie Hauseigentümer beraten und Farb-Entwürfe für ganze Straßenzüge vorlegen. Sie haben eine Eigenart von Moritzberg entdeckt, die sie als Vorliebe in ihren Entwürfen einsetzen: das Rot und Orange der Klinkerhäuser vom Ende des 19. Jahrhunderts, das Ziegelrot der Dächer und des Fabrikschornsteins. Rot, Orange, Ziegelrot – diese Farben sind typisch für den Hildesheimer Westen und entsprechen dem Baumaterial, das ihn prägt. Sie finden sich in hoher Intensität überall am Moritzberg wieder – sie bringen ihn zum Leuchten. Gern setzen die Designerinnen das Rot deshalb auch bei der farblichen Fassung der Balken an den Fachwerkhäusern ein.

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