Stadtteilzeitung Hildesheim West
Nr. 222 · Dezember 2011
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Bürgerengagement stärken

(sbr) Wolfgang Fleer, Jurist und Ministerialrat im Ruhestand, hat kürzlich ein Gutachten erarbeitet, in dem es um die neuen Möglichkeiten geht, das freiwillige und ehrenamtliche Engagement der Bürger für ihre Stadt und ihren Stadtteil zu stärken. Das neue Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) ermöglicht dies, es erkennt die Bedeutung des Bürgerengagements ausdrücklich an. Paragraph 38 Absatz 1 des NKomVG bestätigt: „Ehrenamtliche Tätigkeit ist eine wesentliche Grundlage der kommunalen Selbstverwaltung.“

Fleer, der selbst in ehrenamtlichen Engagements aktiv ist (Findus, Sorgentelefon), führt zusammenfassend aus: „Das Bürgerengagement ergänzt als direktes Element unsere im Übrigen repräsentative / mittelbare Demokratie.“ Die neue Bewertung des Bürgerengagements als „wesentliche Grundlage der kommunalen Selbstverwaltung“ bedeute eine Aufforderung an Institutionen wie Rat und Verwaltung, das Bürgerengagement als wesentliche Grundlage der kommunalen Selbstverwaltung auszugestalten bzw. zu erhalten.

Fleer fährt fort: „Das Bürgerengagement hat ein großes Potential, das sich noch ausweiten kann. Mitentscheidend für ein stärkeres Engagement ist jedoch das Empfinden, etwas konkret und direkt umsetzen zu können, ohne sich von der Intensität und vom Zeitumfang zu stark einbinden zu lassen. Das Bürgerengagement zeigt den Handlungsbedarf für das Zusammenleben an und ist aus finanzieller Sicht kostengünstig für die Gemeinde/Stadt. Es wirkt sich allgemein jobausweitend bzw. -sichernd aus. Schließlich ist ein ausgeprägtes Bürgerengagement ein bedeutender Standortfaktor.“

Zur Stärkung des Bürgerengagements in Hildesheim schlägt Wolfgang Fleer im Wesentlichen drei Maßnahmen vor:

1. „Der Rat der Stadt erkennt das Bürgerengagement als Teil der kommunalen Körperschaft Stadt Hildesheim förmlich rechtlich an.“

2. „Der im September 2011 nunmehr in allen Stadtteilen gewählte Ortsrat beruft VertreterInnen der im Ortsbereich tätigen Träger von Bürgerengagement hinzu. Die hinzu Berufenen sollten das volle Stimmrecht haben, zumindest soweit Angelegenheiten des Bürgerengagements betroffen sind.“

3. „Für die Stadt wird ein Stadtbürgerbeirat gebildet, der sich der Beantwortung von übergreifenden Fragen annimmt. Der Stadtbürgerbeirat sollte sich aus den Ortsratsvorsitzenden, je einem Ratsmitglied von jeder der im Rathaus vertretenen Fraktionen oder Gruppen sowie der Verwaltung und zumindest der doppelten Anzahl von VertreterInnen der Träger von Bürgerengagement zusammen setzen. Gemeinsam wählen sie aus ihrer Mitte die Vorsitzende oder den Vorsitzenden und einen geschäftsführenden Vorstand.“

Fleers Vorschlag läuft darauf hinaus, ehrenamtlich Engagierte gleichberechtigt mit den Vertretern politischer Parteien in die Gremien zu holen. Sie sollen in den Ortsräten mitentscheiden und im vorgeschlagenen „Stadtbürgerbeirat“ eine Ergänzung und ein Gegengewicht zum Stadtrat bilden.

Fleer nennt auch das wesentliche Hindernis für die Stärkung des Bürgerengagements durch förmliche Einbindung in die Entscheidungsprozesse: „Um das Konzept umzusetzen und erfolgreich zu gestalten, ist eine beachtliche Veränderung der Einstellungen beim Rat der Gemeinde/Stadt und dem/der Bürgermeister/Verwaltung, aber auch bei den Trägern von Bürgerengagement sowie den einzelnen Bürgern erforderlich.“ Am ehesten könnten die Vorschläge auf den Widerstand der politischen Parteien treffen: Das Grundgesetz sieht vor, dass die Parteien an der politischen Willensbildung mitwirken. Zur Zeit halten sie allerdings alle Positionen besetzt. Das NKV, so Fleer, fordere von den Parteien Bewegung, damit dem Bürgerengagement ganz offiziell ein angemessener Platz eingeräumt werden kann.

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