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Felsenkeller
Das Eis ist gebrochen
(sbr) Skepsis herrschte zu Beginn der Begehung des Moritzberger Eiskellers Mitte Mai. Die Begehung war durch eine Anfrage im Stadtentwicklungsausschuss, initiiert von CDU-Ratsfrau Doris Breidung, in Gang gekommen. Der gemeinsame Ausflug von Vertretern der Stadt, des Vereins Kultur und Geschichte vom Berge und interessierten Bürgern in die Moritzberger Unterwelt brach das Eis: Verwaltung und Verein kamen wieder ins Gespräch.
Skepsis war angebracht angesichts des Zustands des Brauereikellers von 1872: Die Gewölbe werden immer nasser, der zu Kriegszeiten baulich veränderte Eingangsbereich verrottet. In den Wochen vor der Begehung waren die provisorischen Holzstützen im Eingangsgewölbe bereits durch eine stabile Konstruktion ersetzt worden. Frisch eingebaute Entlüftungsgitter sollen das Feuchtigkeitsproblem mindern – wahrscheinlich ist es durch die seit 50 Jahren hermetisch dichten Türen erst gravierend geworden.
„Die Belüftung ist dringend notwendig“, erklärte Heiko Wollersheim, stellvertretender Leiter des Gebäudemanagements der Stadt und künftiger Ansprechpartner für alle Eiskeller-Belange. „Aber eine komplette Trocknung wäre gefährlich. In der Vergangenheit war es hier immer feucht. Wir wissen nicht, ob die Gewölbe die Trockenspannung aushalten.“
Betroffenheit kam auf, als ein Schädling im mittleren Bierlagerkeller ins Blickfeld rückte: ein üppig gedeihender Schwamm auf einem Baumstamm, der wohl als Stütze für das 4,50 Meter hohe Deckengewölbe gedacht war.
– Rätselraten um die Herkunft des Stamms, dann die einmütige Entscheidung: Der Baumstamm muss raus. Das Gewächs darauf macht bereits das Atmen schwer. Feucht war es im Keller schon immer, doch nicht modrig und stickig.
Skepsis und Betroffenheit wichen langsam dem Staunen. Lässt man sich auf die Dimensionen des Kellers ein, kommt fast Ehrfurcht auf – wie in einer gotischen Backsteinkirche. „Für die Moritzberger ist der Eiskeller wirklich ein Highlight“, erläuterte Denkmalpfleger Walter Nothdurft, „fast etwas so Besonderes wie die Mauritiuskirche – eben ein technisches Denkmal.“ Dr. Stephan Lütgert, neuer Leiter des Stadtmuseums und durch seine Dissertation Fachmann für Eiskeller, nutzte die Gelegenheit, um sich mit der besonderen Bauweise des Moritzberger Bierlagerkellers vertraut zu machen. Auch die Ratsherren Jürgen Köhn (CDU) und Michael Kriegel (BAH) waren sichtlich beeindruckt. Kriegel hatte bereits seit Monaten versucht, das Schweigen der Verwaltung zum Moritzberger Schatz im Untergrund zu knacken und Hilfsmaßnahmen anzuschieben.
Skepsis, Betroffenheit, ehrfürchtiges Staunen – angesichts der Probleme, die der Keller stellt, kam schließlich Schwung in die Gespräche der Tour-Teilnehmer. „Die Verkehrssicherungspflicht ist unser größtes Problem“, warf Stadtbaurat Thomas Kulenkampff ein. „Die Öffnung des alten Eingangs aus Bunkerzeiten wird das Problem des notwendigen zweiten Fluchtwegs nicht lösen“, ergänzte Bernd Pribusch vom Hochbauamt, „beide Ausgänge liegen in derselben Richtung“. „Sie müssen klären, inwieweit der Verein es ernst meint mit dem Keller“, forderte Kulenkampff. „Und Sie müssen über Führungen hinaus Nutzungen benennen, die möglich sind.“ Gelder der Stadt für die Installation von feuchtigkeitsresistenter Beleuchtung seien denkbar. Auch die Neuauflage des Baudenkmal-Faltblatts von Architekt Alexander Busse könne die Stadt übernehmen. „Treten Sie an uns heran, wir sind gesprächsbereit“, war Kulenkampffs abschließendes Angebot.
Voraussichtlich im Juni werden Arbeitsgespräche beginnen, in denen das Gebäudemanagement, die Denkmalpflege und Vertreter des Kulturvereins in Kooperation mit dem Leiter des Stadtmuseums die strittigen Punkte abarbeiten und die notwendigen Schritte planen, um den Eiskeller für die Öffentlichkeit wieder begehbar zu machen.
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BI Berggarten