Täglich 360.000 KFZ-­Fahrten in Hildesheim

Eine Chance für den sanften Stadtverkehr

(sbr) Die Hildesheimer Kreisverbände von BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland), VCD (Verkehrsclub Deutschland) und ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub) haben im Dezember 2008 gemeinsam Vorschläge zur Verbesserung der Hildesheimer Verkehrssituation gemacht. Fazit Nr. 1: Wenn nur etwa sechs Prozent des KFZ-­Verkehrs in die Stadt oder aus der Innenstadt heraus auf umweltfreundliche Verkehrsmittel verlagert würden, dann wären der Stadt so viele KFZ-­Fahrten erspart wie durch den Bau der Nordumgehung. Fazit Nr. 2: Die Maßnahmen, durch die das Umsteigen auf Bahn, Busse und Fahrräder attraktiver gemacht werden kann, kosten nur einen Bruchteil von dem, was für die Nordumgehung veranschlagt wurde.

In den letzten zehn Jahren hat in Hildesheim der Anteil des umweltfreundlichen Verkehrs (zu Fuß, mit Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln) deutlich abgenommen. 2007 lag der Anteil des KFZ-­Verkehrs in der Stadt bei 55 Prozent. Die Anteile des Fußverkehrs (22 Prozent), des Radverkehrs (12 Prozent) und des öffentlichen Nahverkehrs (11 Prozent) betrugen zusammen nur 45 Prozent des Verkehrsaufkommens. Manche andere deutsche Stadt zeigt dagegen einen Vorsprung der Nutzung sanfter Verkehrsmittel. In Hildesheim, so schlägt die Studie vor, sollte vor allem in Radverkehrsrouten, in den städtischen und den regionalen Busverkehr und in die „Drehscheibe“ des umweltfreundlichen Verkehrs, den Bahnhofsvorplatz mit dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB), investiert werden.

Fahrradfahren macht Spaß, wenn alles stimmt. Das Nadelöhr Dammstraße schreckt ab.

Bei 17.500 Autofahrten am Tag geht es in Hildesheim um Wege unter fünf Minuten – hier steckt ein enormes Potenzial für Fahrradfahrten. Die Stadtgröße an sich ist ideal fürs Fahrrad. Laut Studie fehlen aber in Hildesheim vor allem Haupt-­Radverkehrsrouten, die die Stadtteile mit der Innenstadt verbinden und das problemlose Durchqueren der Innenstadt erlauben. Für den Moritzberg und die Wohngebiete hinter der Waldquelle und am Godehardikamp bilden besonders die Damm- und die Schuhstraße ein „Nadelöhr“, das vom Fahrradfahren abschreckt. Damit Fahrradfahren in der Stadt – ohne Absteigen und Schieben – angenehmer und sicherer wird, werden neben der Einrichtung von Radverkehrsrouten abseits der Hauptstraßen auch viele kleine Maßnahmen wie die Öffnung von Einbahnstraßen für Radler in Gegenrichtung vorgeschlagen.

Verbesserungsbedarf stellt die Studie auch für den Busverkehr in Stadt und Region fest. Die Mängelliste beginnt beim Fehlen einheitlicher Tarife und aufeinander abgestimmter Fahrpläne und endet bei der zunehmenden „Ausdünnung“ des Fahrplans und der „desolaten“ Situation am ZOB. „Von Hildesheim kann man mit dem ICE nach Berlin und nach Süddeutschland fahren, mit der Eurobahn nach Bad Salzdetfurth oder Hameln, mit der S-­Bahn nach Hannover und mit Regionalbahnen in den Harz. Nur: Den Hildesheimer Bahnhof erreicht man nicht gut ohne Auto und das städtebauliche Ambiente am Bahnhof ist trostlos.“ Bei den aktuellen Planungen für ein großes Einkaufszentrum am Bahnhof wurden die Verkehrsbelange vernachlässigt.

Ständig den Verkehr im Blick – doch wenigstens gegen die Kälte geschützt: Ludwig Windthorst, einst “Vater aller Hindernisse” im preußischen Landtag, im Januar 2009 an der Berg-­Apotheke

Fotos (2): Sabine Brand

Die Autoren von BUND, VCD und ADFC bieten der Verwaltung und den Hildesheimer Politikern konkrete Lösungsmöglichkeiten an. Das Ziel ist die Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt: die Verminderung von Schadstoffen in der Stadtluft, von Verkehrslärm und von Unfällen – und das auf effektiverem Weg als durch den Bau einer neuen Schnellstraße. Der per Gericht erzwungene Abschied vom Projekt der Nordumgehung dürfte damit nicht mehr schwer fallen.

Die Broschüre „Nachhaltiger Verkehr in Hildesheim – Alternativen zur Nordumgehung“ ist über die genannten Umweltverbände zu beziehen und steht im Internet als Download zur Verfügung.