Stadtteilzeitung Hildesheim West
Nr. 195 · Mai 2009
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75 Jahre Berggarten - auf traditionellem Grabeland

(sbr) 75 Jahre alt wird die Kleingartenanlage Berggarten e.V. in diesem Jahr. 1934 wurde der Verein gegründet, 1935 der erste Pachtvertrag für das Gesamtgelände mit der Klosterkammer abgeschlossen. 163 Gartenparzellen mit einer durchschnittlichen Größe von 650qm wurden damals von 179 Pächtern bewirtschaftet. Die Nutzung des Gartenlands am Weg von der oberen Bergstraße nach Himmelsthür (heute „Im Bockfelde“) hat aber eine viel ältere Geschichte.

Foto: Kultur und Geschichte vom Berge e.V.
Die ersten Tulpen in der Kleingartenanlage Berggarten 1938 - mit Gerhard Kinder als langjährigem Gartenfreund
Foto: Kultur und Geschichte vom Berge e.V.

Traditionell war das Moritzberger Gartenland vor allem im Bereich der heutigen Maschstraße, auf dem Krehlaberg und in der Senke zwischen Krehlaberg und Rottsberghang konzentriert. Auf der Westseite des alten Wegs durch das Bockfeld weist schon eine Flurkarte von 1842/43 im Niedersächsischen Städteatlas Gartengrundstücke aus. Sie reichten damals vom katholischen Friedhof - den evangelischen gab es dort noch nicht - bis zum heutigen Ende der Kleingartenkolonie in der Nähe des Gallbergstiegs. Dahinter, den Rottsberghang hinauf, lagen kleine Äcker, die einzeln an Privathaushalte verpachtet waren. Etwas über ein Morgen Land stand dort im Schnitt für den Anbau von Kartoffeln, Weizen und Roggen zur Verfügung. Franz-Josef Oelkers erinnert sich, dass sein Großvater in der Nähe des Heidlandschen Hofes Luzerne anbaute. Viele Moritzberger hielten Tiere, auch Pferde, auf den Weiden am Krehla und Rottsberg. Das Pflügen und die Fahrdienste für die Gärten - Fuhren von Mist, Lehm, Ernteerzeugnissen, Steinen und „Asche“ für die Wegebefestigungen - wurden gemeinschaftlich organisiert, wie ein kürzlich aufgefundenes Journal von 1890 beim Verein Kultur und Geschichte vom Berge belegt.

Foto: Privatbesitz
Um 1938 im Kleingarten Nr. 68: Die Großeltern des jetzigen 1. Vorsitzenden des Berggarten e.V. Heinz Wüsthoff
Foto: Privatbesitz

Das alte Moritzberger Gartengelände, das „Grabeland“, ist im Lauf der letzten 150 Jahre stark geschrumpft. Die „Gartenstraße“ (heute Maschstraße) und der Krehlaberg wurden bebaut. Die Kleingartenanlage Berggarten e.V. war in den 1970er Jahren massiv bedroht durch die Bebauungspläne für das Bockfeld. Nur durch den energischen Einsatz des damaligen Vorsitzenden Kurt Müschen wurde der Bestand weitgehend gerettet. Aus den ersten Jahren des Kleingartenvereins steht noch ein Gartenhaus an der Wilhelm-Mundry-Straße. Gärten, die oberhalb davon lagen, wurden dem Bau der Seebothstraße geopfert. Auch die Erweiterung der Friedhöfe nagt beständig am Umfang der Gartenanlage.
Die Diskussion um die Umwandlung des alten Grabelands in Bauland hat auch im letzten Jahr wieder die Kleingartenanlage erschüttert. Allerdings - so eine kürzliche Zeitungsmeldung - überdenkt zur Zeit auch die Stadt Hildesheim aufgrund der Finanzkrise und des Trends zur Schrumpfung der Städte die Ziele des neuen Flächennutzungsplans 2020. Für den Berggarten kann das Entwarnung bedeuten!
Einblicke in das Vereinsleben ab 1936 gibt ein Tagebuch mit den Protokollen der Mitgliederversammlungen. Dessen Eintragungen in Sütterlin-Schrift überträgt zur Zeit Dr. Ingeborg Tschaege ins Maschinenschriftliche - für die Dokumentation der Vereinsgeschichte bei der Jubiläumsfeier im August 2009. Es sind noch Gärten frei im Berggarten e.V. - der Vorstand und die Initiative zur Erhaltung des Berggartens arbeiten eng zusammen, um sie an neue Gartenfreunde zu vermitteln. Die Kämpfe des letzten Jahres um den Erhalt der Anlage hat der Verein gut überstanden.
„Gerade die Tradition des Ortes ist es ja, die eine besondere Beziehung zwischen dem Garten und dem Menschen wachsen lässt“, schrieb 1984 Hermann Schnipkoweit, damals Nieders. Sozialminister und gebürtiger Moritzberger, ins Grußwort zum 50-jährigen Bestehen des Vereins. Mit Spannung wird erwartet, wie denn die Grußworte zum 75-Jährigen im August 2009 ausfallen werden.

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