Stadtteilzeitung Hildesheim West
Nr. 236 · März 2013
Verständnisproblem im Rathaus
(sbr) „Maulkorb und Mobbing“ – so bewertete Moritz vom Berge in der Februarausgabe die Behinderungen für Stadtbaurat Dr. Kay Brummer. Viele Reaktionen darauf trafen in der Redaktion ein – häufigster Kommentar war: „Sie sind sehr mutig, das zu benennen“. Einen kleinen Hinweis, wo denn – abgesehen von Männerrivalitäten und Machtkampf aus persönlichen Gründen – der Grund für die öffentlich ausgetragene Kampagne gegen Brummer liegen mag, gab ein Kneipenwirt: Von zwei verschiedenen Seiten, unabhängig voneinander, habe er schon vor Jahren, kurz nach Brummers Dienstantritt im März 2008, gehört, der Stadtbaurat hätte gesagt: „Jetzt ist hier aber Schluss mit der Vetternwirtschaft“. „Das – und in Hildesheim“, so der freundliche Kneipier, „sagt doch alles. Da war doch schon klar, dass Brummer hier einen schweren Stand haben wird“.
Brot und Spiele – Gern ist der OB Kurt Machens in der Öffentlichkeit präsent (hier im Sommer 2011 auf dem Spielplatz Maschstraße), aber öfter versteht er nicht, was sein Fachmann fürs Bauen erklärt
Die Situation im Rathaus hat sich in den letzten Wochen nicht entspannt. Eine Resolution des Stadtrats Anfang Februar forderte von Machens und Brummer „eine sachbetonte Form der Zusammenarbeit“ und den „sachlich orientierten Diskurs“ über die Ziele und Projekte in der Stadt. Wörtlich: „Dazu gehört die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung durch den Ersten Stadtrat“ Brummer, auch seine „Einbindung in wesentliche städtebauliche Projekte“. Machens bestritt in einer Erklärung das Recht des Rates, überhaupt über „verwaltungsinterne“ Vorgänge zu beschließen.
In den folgenden Tagen, im Laufe der Debatte um den geplanten Umbau des Zentralen Busbahnhofs (ZOB), fiel er Brummer wiederholt ins Wort und versuchte, dessen detaillierte Aufklärung zu den möglichen Kostensteigerungen zu verhindern. Als ihm das nicht gelang, beschloss er die gemeinsame Pressekonferenz zum ZOB am 8. Februar 2013 mit dem Satz: „Ich weiß nicht, was Herr Brummer meint. Aber das passiert ja öfter.“
Dieser Satz ist denkwürdig – er lässt mindestens drei Deutungen zu. Die einfachste ist diese: Der Oberbürgermeister ist genervt über die Ausführungen des Stadtbaurats, weil dieser sorgfältig informiert und als gut vorbereiteter Fachmann mit Sachkenntnis gut ankommt – ein Rivalitätsproblem also für den Oberbürgermeister.
Sehr viel abgründiger wäre diese Deutung: Machens versteht ganz genau, was Brummer erklärt, und hat es letztlich sogar mit in Auftrag gegeben – allerdings in nicht-öffentlicher Sitzung im Verwaltungsausschuss. Das darf Brummer aber nicht sagen, weil die Beschlüsse im Verwaltungsausschuss geheim sind. Das heißt: Er kann sich nicht verteidigen. Wenn Machens das einkalkuliert hat, hätte er dem Stadtbaurat bewusst eine Falle gestellt – ein Double Bind, eine Zwickmühle. Wer dort hineingerät, kann sich nur falsch verhalten: Wenn Brummer schweigt und nicht über die Kostensteigerung informiert, erfüllt er seinen Auftrag nicht. Wenn er redet, wird er als unnötiger Schwätzer hingestellt – in diesem Fall sogar als jemand, der unverständliches Zeug redet.
Zum Hintergrund: Am 5. Dezember 2012 war auf Antrag von CDU, SPD und den Grünen einstimmig beschlossen worden, die Verwaltung solle in Zukunft generell – ohne besondere Nachfrage durch die Politiker – im STEBA-Ausschuss über unvorhergesehene Änderungen bei Architekturwettbewerben und Bauausschreibungen informieren. Genau das hatte Brummer getan. Seine Information im STEBA-Ausschuss führte zur Nachfrage im Stadtrat, die wiederum zur Pressekonferenz über die Kostensteigerung beim ZOB.
„Ich weiß nicht, was Herr Brummer meint. Aber das passiert ja öfter.“ – Dieser Satz lässt noch eine dritte Deutung zu. Sie würde nicht Böswilligkeit des Oberbürgermeisters unterstellen, sondern Unvermögen, schlimmstenfalls Krankheit. Vielleicht versteht der OB wirklich nicht, was Dr. Brummer erklärt – nicht aus akustischen Gründen, sondern weil die Erklärungen des Bauexperten ausführlich und durchaus kompliziert sein können. Gerade zur ZOB-Kostendebatte trägt Machens seit Wochen nur bei: „Alles wird gut“, „Alles im Griff“. Brummer hingegen geht ins Detail, schließlich ist er verantwortlich für das Bauvorhaben.
Der Oberbürgermeister reagiert zunehmend gereizter auf die Debatten um die Großprojekte der Stadt – gern hätte er die Dinge einfacher, ohne Wenn und Aber. Zunehmend wirkt er auf die nähere Umgebung vergesslicher und überfordert – und wird dann brüsk, harsch, wütend. Vielleicht hat der OB wirklich vergessen, dass der Stadtbaurat den Auftrag hat, die Politiker über Kostensteigerungen zu informieren – dann hätte Machens mit seinem denkwürdigen Satz über Brummer nur die eigene Ratlosigkeit überspielt.
Wenn diese Deutung zutrifft, dann sollte der Oberbürgermeister sich allerdings nach Jahrzehnte langem Einsatz Ruhe und Erholung gönnen – ehe die Gedächtnislücken größer werden.
Brot und Spiele – Gern ist der OB Kurt Machens in der Öffentlichkeit präsent (hier im Sommer 2011 auf dem Spielplatz Maschstraße), aber öfter versteht er nicht, was sein Fachmann fürs Bauen erklärt
Foto: sbr
In den folgenden Tagen, im Laufe der Debatte um den geplanten Umbau des Zentralen Busbahnhofs (ZOB), fiel er Brummer wiederholt ins Wort und versuchte, dessen detaillierte Aufklärung zu den möglichen Kostensteigerungen zu verhindern. Als ihm das nicht gelang, beschloss er die gemeinsame Pressekonferenz zum ZOB am 8. Februar 2013 mit dem Satz: „Ich weiß nicht, was Herr Brummer meint. Aber das passiert ja öfter.“
Dieser Satz ist denkwürdig – er lässt mindestens drei Deutungen zu. Die einfachste ist diese: Der Oberbürgermeister ist genervt über die Ausführungen des Stadtbaurats, weil dieser sorgfältig informiert und als gut vorbereiteter Fachmann mit Sachkenntnis gut ankommt – ein Rivalitätsproblem also für den Oberbürgermeister.
Sehr viel abgründiger wäre diese Deutung: Machens versteht ganz genau, was Brummer erklärt, und hat es letztlich sogar mit in Auftrag gegeben – allerdings in nicht-öffentlicher Sitzung im Verwaltungsausschuss. Das darf Brummer aber nicht sagen, weil die Beschlüsse im Verwaltungsausschuss geheim sind. Das heißt: Er kann sich nicht verteidigen. Wenn Machens das einkalkuliert hat, hätte er dem Stadtbaurat bewusst eine Falle gestellt – ein Double Bind, eine Zwickmühle. Wer dort hineingerät, kann sich nur falsch verhalten: Wenn Brummer schweigt und nicht über die Kostensteigerung informiert, erfüllt er seinen Auftrag nicht. Wenn er redet, wird er als unnötiger Schwätzer hingestellt – in diesem Fall sogar als jemand, der unverständliches Zeug redet.
Zum Hintergrund: Am 5. Dezember 2012 war auf Antrag von CDU, SPD und den Grünen einstimmig beschlossen worden, die Verwaltung solle in Zukunft generell – ohne besondere Nachfrage durch die Politiker – im STEBA-Ausschuss über unvorhergesehene Änderungen bei Architekturwettbewerben und Bauausschreibungen informieren. Genau das hatte Brummer getan. Seine Information im STEBA-Ausschuss führte zur Nachfrage im Stadtrat, die wiederum zur Pressekonferenz über die Kostensteigerung beim ZOB.
„Ich weiß nicht, was Herr Brummer meint. Aber das passiert ja öfter.“ – Dieser Satz lässt noch eine dritte Deutung zu. Sie würde nicht Böswilligkeit des Oberbürgermeisters unterstellen, sondern Unvermögen, schlimmstenfalls Krankheit. Vielleicht versteht der OB wirklich nicht, was Dr. Brummer erklärt – nicht aus akustischen Gründen, sondern weil die Erklärungen des Bauexperten ausführlich und durchaus kompliziert sein können. Gerade zur ZOB-Kostendebatte trägt Machens seit Wochen nur bei: „Alles wird gut“, „Alles im Griff“. Brummer hingegen geht ins Detail, schließlich ist er verantwortlich für das Bauvorhaben.
Der Oberbürgermeister reagiert zunehmend gereizter auf die Debatten um die Großprojekte der Stadt – gern hätte er die Dinge einfacher, ohne Wenn und Aber. Zunehmend wirkt er auf die nähere Umgebung vergesslicher und überfordert – und wird dann brüsk, harsch, wütend. Vielleicht hat der OB wirklich vergessen, dass der Stadtbaurat den Auftrag hat, die Politiker über Kostensteigerungen zu informieren – dann hätte Machens mit seinem denkwürdigen Satz über Brummer nur die eigene Ratlosigkeit überspielt.
Wenn diese Deutung zutrifft, dann sollte der Oberbürgermeister sich allerdings nach Jahrzehnte langem Einsatz Ruhe und Erholung gönnen – ehe die Gedächtnislücken größer werden.