Mit 58 die Schwester gefunden
(sbr) Roland Rörig, Rechtsanwalts- und Notarsgehilfe, jetzt Frührentner aus der Elzer Straße hat eine spannende Familiengeschichte enträtselt. Von Kindheit an sind der 58-Jährige und sein Bruder Peter mit einem Foto vertraut, das ihre Eltern mit einem kleinen Mädchen zeigt. Die Fragen nach diesem Mädchen beantworteten die Eltern regelmäßig mit dem Satz: „Das ist unsere Püppimaus” – ohne weitere Erklärungen.
Nach dem Umzug seiner Mutter ins Seniorenheim – der Vater war schon lange verstorben – entdeckte Roland Rörig zwischen den Familiendokumenten eine Umzugsmeldung aus der Kriegszeit: 1942 war die einjährige Renate Pilling von Reichenbach nach Brieg, Postanschrift „Fliegerhorst” umgezogen. Rörigs Vater war zu der Zeit als Flugzeugführer in Brieg stationiert. Stück für Stück fügte Roland Rörig die Puzzleteile zusammen und begriff: Das geheimnisvolle Mädchen musste seine Halbschwester sein, eine Tochter seines Vaters – die „Püppimaus” auf dem Foto im Schlafzimmer seiner Eltern.
Mit der alten Umzugsmeldung wandte er sich an das Deutsche Rote Kreuz und ließ den Kirchlichen Suchdienst einschalten. Ein erster Brief berichtete von erfolglosen Versuchen, Renate zu finden. Im zweiten Brief hieß es: „Abwarten”, der dritte schließlich brachte die Erfolgsmeldung und Renates Adresse bei Cottbus.

Nach ersten Telefonaten und Briefen, in denen Bruder und Schwester ihre Fotos austauschten, reiste Renate Görlitz, geborene Pilling, am 4. November 2007 nach Hildesheim, um ihren Bruder persönlich kennen zu lernen. Erstaunlich für die Geschwister war das Gefühl von Vertrautsein, die Tränen, die Rührung bei der ersten Begegnung im Bahnhof – als hätten sie sich schon immer gekannt.
Bruder und Schwester verstehen sich bestens, alle Familiengeheimnisse sind gelüftet – etwa, dass Renate eineinhalb Jahre bei Rolands Eltern lebte, ehe ihre Mutter sie zu sich zurückholte, oder dass Renates Mutter bei der Flucht vor den Russen die Unterlagen über den Vater ihrer Tochter in der Neisse verlor. Der Dritte im Bunde, Bruder Peter, hat „Püppimaus” noch nicht selbst kennengelernt, bei ihrem Besuch in Hildesheim war er zur Reha. Demnächst, so planen Roland und Peter Rörig, werden sie ihre Schwester zu Haus in Cottbus besuchen.
Frau Cohns Beerdigung (1938)