Stadtteilzeitung Hildesheim West
Nr. 245 · Februar 2014
Offene Bauweise als Moritzberger Privileg
(sbr) Die „offene Bauweise“, wie sie auch der Bebauungsplan der 1960er Jahre an der Moritzstraße festgelegt, war den Moritzbergern traditionell sehr wichtig – vielleicht ein Versuch, die „Verstädterung“ aufzuhalten. Am 1. April 1911 wurde der bis dahin selbständige Ort Moritzberg nach Hildesheim eingemeindet. Im Vertrag über ihre Eingemeindung hatten die Moritzberger
drei Ausnahmen von den Hildesheimer Verhältnissen durchgesetzt. Der Schlachthauszwang, wie er in Hildesheim gültig war, sollte noch fünf Jahre ausgesetzt werden, Hausschlachtungen für den Privatbedarf sollten auf dem Moritzberg also noch bis zum 1. April 1916 erlaubt sein. Die Stromlieferungen sollten weitere fünf Jahre lang zu den bisher gültigen Tarifen erfolgen – also
fünf Jahre lang keine Strompreiserhöhung für die Moritzberger.
Das dritte Sonderrecht war nicht zeitlich begrenzt festgelegt, es sollte auf Dauer gelten. § 6 Abs. 3 des Eingemeindungsvertrags vom 27. Juni 1910 legt fest: „die Bestimmungen in den §§ 7, 8, Abs. 1 und § 9 der Baupolizeiordnung des Fleckens Moritzberg vom 12.2.1901 sind bis zum Erlaß der neuen Hildesheimer Bauordnung aufrecht zu erhalten. In der letzteren ist für die im § 9 genannten Straßen und Ortsteile die offene Bauart beizubehalten.“ Bei offener Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand errichtet, bei geschlossener Bauweise wird das Grundstück in voller Breite bis an die Grenzen überbaut.
Zu finden war im Hildesheimer Stadtarchiv eine „Baupolizei-Ordnung für den Flecken Moritzberg“, die mit Bekanntmachung am 8. Juni 1900 in Kraft trat. Ihre Bestimmungen kommen vermutlich dem nahe, was in der Fassung vom 12.2.1901 festgelegt sein mag.
§ 7 schreibt vor: „In der Dingworth-Mühlen- und Bergstraße kann geschlossen, d.h. ohne Belassung eines seitlichen Zwischenraumes zwischen den einzelnen Gebäuden gebaut werden.“
§ 8 besagt: „An den übrigen in § 7 nicht genannten Straßen und Wegen, sowie an den neu anzulegenden Straßen darf nur offen, d.h. unter Innehaltung eines seitlichen Abstandes von mindestens 2 m von der Grenze der anliegenden Grundstücke gebaut werden.“ Unter besonderen Bedingungen (Treppenhäuser straßenwärts an der Giebelseite), brauche nur ein Meter Abstand von der Nachbargrenze eingehalten werden. Für Doppelhäuser, das heißt zwei aneinander gebaute Wohnhäuser mit einheitlichem Erscheinungsbild, nennt § 8 eine Sonderregelung: Ihre Vorderseite darf insgesamt nicht länger als 30 Meter sein. Ein Abstand von mindestens drei Metern muss zu den seitlichen Nachbargrenzen eingehalten werden. Diese offene Bebauung mit Doppelhäusern ist typisch für die nördliche Moritzstraße, die Krehla- und die Elzerstraße und die meisten „Neubauten“ vom Ende der 1890er Jahre in roten Klinkern.
§ 9 legt fest, dass die Friedrichstraße (die spätere Zierenbergstraße), die Wilhelmstraße (später Moritzstraße) und die Brauhausstraße zwischen Friedrich- und Godehardistraße sowie das Gebiet zwischen Brauhausstraße, Bennoburg und Berghölzchen mit Ausnahme der schon bebauten Teile der Bergstraße „ausschließlich oder vorzugsweise zu Wohnzwecken“ zu dienen habe. Auch hier soll laut Eingemeindungsvertrag die offene Bauweise beibehalten werden.
Das dritte Sonderrecht war nicht zeitlich begrenzt festgelegt, es sollte auf Dauer gelten. § 6 Abs. 3 des Eingemeindungsvertrags vom 27. Juni 1910 legt fest: „die Bestimmungen in den §§ 7, 8, Abs. 1 und § 9 der Baupolizeiordnung des Fleckens Moritzberg vom 12.2.1901 sind bis zum Erlaß der neuen Hildesheimer Bauordnung aufrecht zu erhalten. In der letzteren ist für die im § 9 genannten Straßen und Ortsteile die offene Bauart beizubehalten.“ Bei offener Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand errichtet, bei geschlossener Bauweise wird das Grundstück in voller Breite bis an die Grenzen überbaut.
Zu finden war im Hildesheimer Stadtarchiv eine „Baupolizei-Ordnung für den Flecken Moritzberg“, die mit Bekanntmachung am 8. Juni 1900 in Kraft trat. Ihre Bestimmungen kommen vermutlich dem nahe, was in der Fassung vom 12.2.1901 festgelegt sein mag.
§ 7 schreibt vor: „In der Dingworth-Mühlen- und Bergstraße kann geschlossen, d.h. ohne Belassung eines seitlichen Zwischenraumes zwischen den einzelnen Gebäuden gebaut werden.“
§ 8 besagt: „An den übrigen in § 7 nicht genannten Straßen und Wegen, sowie an den neu anzulegenden Straßen darf nur offen, d.h. unter Innehaltung eines seitlichen Abstandes von mindestens 2 m von der Grenze der anliegenden Grundstücke gebaut werden.“ Unter besonderen Bedingungen (Treppenhäuser straßenwärts an der Giebelseite), brauche nur ein Meter Abstand von der Nachbargrenze eingehalten werden. Für Doppelhäuser, das heißt zwei aneinander gebaute Wohnhäuser mit einheitlichem Erscheinungsbild, nennt § 8 eine Sonderregelung: Ihre Vorderseite darf insgesamt nicht länger als 30 Meter sein. Ein Abstand von mindestens drei Metern muss zu den seitlichen Nachbargrenzen eingehalten werden. Diese offene Bebauung mit Doppelhäusern ist typisch für die nördliche Moritzstraße, die Krehla- und die Elzerstraße und die meisten „Neubauten“ vom Ende der 1890er Jahre in roten Klinkern.
§ 9 legt fest, dass die Friedrichstraße (die spätere Zierenbergstraße), die Wilhelmstraße (später Moritzstraße) und die Brauhausstraße zwischen Friedrich- und Godehardistraße sowie das Gebiet zwischen Brauhausstraße, Bennoburg und Berghölzchen mit Ausnahme der schon bebauten Teile der Bergstraße „ausschließlich oder vorzugsweise zu Wohnzwecken“ zu dienen habe. Auch hier soll laut Eingemeindungsvertrag die offene Bauweise beibehalten werden.
Quellen:
Heinrich Kloppenburg: Geschichte des Moritzstiftes und der Gemeinde Moritzberg, maschinenschriftlich Hildesheim 1933
Walter Nothdurft: Die Geschichte des Moritzberges bei Hildesheim oder nicht sichtbare Planungsgrundlagen für die Bauleitplanung, Studienarbeit TU Hannover, Sommer 1976
Heinrich Kloppenburg: Geschichte des Moritzstiftes und der Gemeinde Moritzberg, maschinenschriftlich Hildesheim 1933
Walter Nothdurft: Die Geschichte des Moritzberges bei Hildesheim oder nicht sichtbare Planungsgrundlagen für die Bauleitplanung, Studienarbeit TU Hannover, Sommer 1976